BGH: Stromnetzbetreiber muss für Überspannungsschäden haften

  • 26.02.14 In der Vergangenheit haben die Netzbetreiber sich oftmals geweigert für die Überspannungschäden im Stromnetz bei den Verbrauchern zu haften. Nun hat der Bundesgerichtshof dieser Praxis zum Vorteil der Stromkunden einen Riegel vorgeschoben.

    Bei dem Grundsatzurteil macht der Kläger gegen seinen Stromnetzbetreiber Schadensersatz wegen eines Überspannungsschadens geltend. Nach einer Störung der Stromversorgung in dem Wohnviertel des Klägers trat nach einem Stromausfall in seinem Hausnetz eine Überspannung auf, durch die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigt wurden. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei Schutzleiter in der Nähe des Hauses des Klägers, über die sein Haus mit der Erdungsanlage verbunden war.

    Das Amtsgericht hat die auf Ersatz des entstandenen Schadens gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage abzüglich der Selbstbeteiligung von 500 Euro gemäß § 11 des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) stattgegeben. Der unter anderem für

    Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten, in diesem Fall der Stromnetzbetreiber, zurückgewiesen.

    Die Beklagte haftet aufgrund der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG. Gemäß § 2 ProdHaftG ist neben beweglichen Sachen auch Elektrizität ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes. Die Elektrizität wies aufgrund der Überspannung einen Fehler gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG auf, der die Schäden an den Elektrogeräten und der Heizung, also an üblichen Verbrauchsgeräten des Klägers, verursacht hat. Mit solchen übermäßigen Spannungsschwankungen muss der Abnehmer nicht rechnen.

    Die beklagte Netzbetreiberin ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG auch als Herstellerin des fehlerhaften Produkts Elektrizität anzusehen. Dies ergibt sich daraus, dass sie Transformationen auf eine andere Spannungsebene, nämlich die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern, vornimmt. In diesem Fall wird die Eigenschaft des Produkts Elektrizität durch den Betreiber des Stromnetzes in entscheidender Weise verändert, weil es nur nach der Transformation für den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten nutzbar ist. Ein Fehler des Produkts lag auch zu dem Zeitpunkt vor, als es in den Verkehr gebracht wurde, weil ein Inverkehrbringen des Produkts Elektrizität erst mit der Lieferung des Netzbetreibers über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer erfolgt.

    Urteil vom 25. Februar 2014 - VI ZR 144/13

    Amtsgericht Wuppertal - Urteil vom 21. Februar 2012 - 39 C 291/10

    Landgericht Wuppertal - Urteil vom 5. März 2013 - 16 S 15/12

    Karlsruhe, den 25. Februar 2014


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